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Der Teich Serie von 4 C-Prints je 110 x 150 cm, 2005
David Komary
In der Serie Der Teich sieht sich der Betrachter mit einem Waldbild konfrontiert, das jedoch ikonoklastisch von einem schwarzen Balken gestört wird. Den Ausgangspunkt der Arbeit bildet die historisch-dokumentarische Spurensuche der Künstlerin in Auschwitz-Birkenau. Lecomte machte Aufnahmen des Geländes, befragte den Ort ob sichtbarer Indizes und Spuren der Vergangenheit, des Verbrechens. Noch vor der Vergrößerung der Fotografien schnitt die Künstlerin aus dem Negativ einen wesentlichen Bereich um den Bildhorizont heraus und entfernte mit den Betonpfeilern der ehemaligen Konzentrationslagerumzäunung und den Aussichtstürmen jene Signifikanten, die den Ort als Auschwitz-Birkenau lesbar machen würden. Der schwarze Balken – Verdeckung, Leerstelle oder Auslöschung? – bildet ein Scharnier unterschiedlicher Lesarten und möglicher Bedeutungszuschreibungen. Die pikturale Unbestimmtheit bedingt eine Ergänzung durch den Betrachter, einen Semioseprozess jenseits der Sichtbarkeit fotografischer Faktizität. Lecomte sucht mittels der Strategie fotografischer Aneignung nach einer Vergegenwärtigung von Ereignissen und Geschehnissen, die sich der Sichtbarkeit sowie der Vorstellung weitestgehend entziehen. Der schwarze Balken jedoch „bezeichnet“ das sich der Sichtbarkeit Entziehende, das dem Ort inhärent ist. Diese Auslassung verweist nicht allein auf das Unvermögen einer Vergegenwärtigung durch bildliche Strategien, sondern auch auf die Politik der Bilder, auf dasjenige, das nicht im Bild erscheint, das aber seine Organisation bestimmt.
Auszug aus dem Katalog der Ausstellung Scriptures Without Words, Galerie Stadtpark, Krems, 2009.