© Tatiana Lecomte

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  1. Was geht zuhause vor – eine künstlerische Intervention von Tatiana Lecomte im Rahmen von ,Orte des Gedenkens und der Erinnerung. Widerstand gegen den Nationalsozialismus im Land Salzburg‘ in St. Johann im Pongau und der Auseinandersetzung mit dem Unterstützungswiderstand am Beispiel von Theresia und Alois Buder. Zwischen Mai 2024 und April 2025 werden den Pongauer Nachrichten monatlich wechselnde Blätter beigelegt. Auf der Vorderseite sind von der Künstlerin gekochte Gerichte nach Rezepten aus den Kriegsjahren 1939 bis 1945 abgebildet. Unterschiedliche Textformate auf der Rückseite veranschaulichen die Geschichte der Familie Buder im Zusammenhang mit den Goldegger Deserteuren. Das Kunstprojekt wird in Kooperation mit dem ,Fonds für Kunst am Bau & Kunst im öffentlichen Raum Salzburg‘ realisiert.


    Typografische Gestaltung: Dorothea Brunialti
    Lektorat: Marianne Schreck

  2. Die Margarethe wollte nicht darüber reden, ich habe es immer wieder probiert. Für sie war klar, dass das vorbei ist. „Als ich 33 war, war das die schönste Zeit in meinem Leben“, hat sie einmal gesagt. Ich habe nachgerechnet, das war 1945. War das die Zeit, wo sie befreit worden ist, oder ist das in ihrem Kopf als Erfahrung einfach weg?

    Ich habe schon das Gefühl, gerade bei ihr, dass sie nicht damit gerechnet haben, was das für Konsequenzen hat, was sie tun. Also ich glaube schon, dass sie gewusst haben, dass das Konsequenzen hat, aber ich glaube nicht, dass man sich das überhaupt ausdenken kann. Was das heißt, verhaftet und gefoltert zu werden, auf Transport zu gehen, nach Ravensbrück und zurück, zum Teil zu Fuß. Dann wieder Fuß zu fassen und das alles in nicht einmal zwölf Monaten. Das ist einfach ein radikaler Bruch im Leben.

    Ich denke mir, sie wird versucht haben, einen Weg zu finden, mit dem leben zu können.

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    Auszug aus einem Interview mit Elfriede Oblasser, Großnichte von Margarethe Vogl (1912–2006), in dem sie über die Auswirkungen von Verhaftung und Deportation auf die Betroffenen und ihre Nachkommen reflektiert.

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    Beilage Nr. 5 in den Pongauer Nachrichten vom 05.09.24
    Holundersuppe aus "Lebensmittelkarten und richtige Ernährung", 1940er Jahre

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    Margarethe Oblasser arbeitete bei Kaspar Wind, Zementwarenerzeuger im Gebäudekomplex des Gassnerhauses in St. Johann im Pongau, wo auch die Familie Buder wohnte. Im Winter 1943 begleitete sie mit Alois Buder den flüchtigen Karl Rupitsch – einer der Goldegger Deserteure – zum Vorderbrandstätthof ihres Bruders Johann Oblasser in Taxenbach, um ihn zu bitten, Rupitsch Unterschlupf zu gewähren. Eine folgenschwere Entscheidung, denn sowohl Margarethe als auch Johann wurden im Juli 1944 – wie auch das Ehepaar Buder, Kaspar Wind und weitere Unterstützer:innen – von der Gestapo verhaftet und ins Polizeigefängnis in Salzburg eingeliefert, wo man sie misshandelte und folterte. Im August 1944 wurden die Geschwister Oblasser in die KZs Ravensbrück und Dachau deportiert.

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  3. Einmal hat ein Schüler auf dem Heimweg zu ihm gesagt: „Geh, deinen Papa haben sie auch geholt!“ Dann ist ihm richtig bewusst geworden, dass die Eltern nicht mehr kommen. Er hat oft erzählt, dass er die Großmutter, bei der er aufgewachsen ist, gefragt hat: „Wann kommen der Papa und die Mama wieder?“ Die Großmutter hat natürlich keine richtige Antwort gegeben, sie hat nur gesagt: „Ja, der schaut, dass du brav bist.“ So war die Antwort.

    Zu mir hat er es so formuliert: „Das ist mir wie ein Stich durchs Herz gegangen.“ So hat er sich erinnert, wie der andere Bub gesagt hat: „Geh, deinen Papa haben sie auch geholt!“ In dem Moment, denke ich, ist ihm richtig bewusst geworden, dass etwas Gröberes passiert ist.

     „Wie ein Stich ins Herz.“ So hat er das gesagt.

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    Auszug aus einem Interview mit Erwin, Sohn von Walter Buder (1939–2021). Darin erzählt er, wie sein Vater als Kind den Tod seiner Eltern realisierte.

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    Beilage Nr. 4 in den Pongauer Nachrichten vom 08.08.24
    Bratwurst in Bohnensalat, Wiener Küche Nr. 105, 1939

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    Das Ehepaar Buder und Kaspar Wind aus St. Johann im Pongau wurden gemeinsam am 11. Juli 1944 von der Gestapo verhaftet, weil sie Karl Rupitsch – dem zentralen Akteur der Goldegger Deserteure – geholfen hatten unterzutauchen. Theresia Buder wurde in das Frauen-KZ Ravensbrück deportiert. Sie kam unter ungeklärten Umständen, vermutlich im Februar 1945, ums Leben. Alois Buder, Kaspar Wind und Karl Rupitsch wurden am 28. Oktober 1944 im KZ Mauthausen hingerichtet. Theresia und Alois hinterließen einen fünfjährigen Sohn, Walter.

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  4. Sie haben lange keine Kinder gehabt und dann ist der Walter gekommen. Der Vater hat ihn überall mitgenommen, im Auto und überall. Und einmal ist die Mutter dem Vater spätabends entgegengekommen und hat den Kleinen mitgehabt. Da hat er geschimpft: „Dass du mit dem kleinen Bub in der Nacht unterwegs bist … !“ Es hat ihm nicht gepasst, ja…

    Er war halt auch sein Ein und Alles.

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    Auszug aus einem Interview mit Maria Buder, Witwe von Walter Buder (1939–2021). Darin erzählt sie über die Liebe von Alois Buder zu seinem Sohn Walter.

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    Beilage Nr. 3 in den Pongauer Nachrichten vom 11.07.24
    Haferflockenwürfel, Wiener Küche Nr. 150, 1943

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    Das Ehepaar Buder und Kaspar Wind aus St. Johann im Pongau wurden gemeinsam am 11. Juli 1944 von der Gestapo verhaftet, weil sie Karl Rupitsch – dem zentralen Akteur der Goldegger Deserteure – geholfen hatten unterzutauchen. Theresia Buder wurde in das Frauen-KZ Ravensbrück deportiert. Sie kam unter ungeklärten Umständen, vermutlich im Februar 1945, ums Leben. Alois Buder, Kaspar Wind und Karl Rupitsch wurden am 28. Oktober 1944 im KZ Mauthausen hingerichtet. Theresia und Alois hinterließen einen fünfjährigen Sohn, Walter.

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  5. Er hat beobachtet, wie diese Herren gekommen sind, rechts und links einer, da hat er gerade beim Fenster rausgeschaut und gefragt: „Mami, wo gehst denn du hin?“ Dann hat sie gesagt: „Walti, tu schön brav sein, die Mama geht gerade mit den Herren ein bisschen spazieren.“

    Das war das Letzte, was er von seiner Mutter gesehen und gehört hat.

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    Auszug aus einem Interview mit Maria Buder, Witwe von Walter Buder (1939–2021). Darin schildert sie die Verhaftung der Mutter ihres Mannes.
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    Beilage Nr. 2 in den Pongauer Nachrichten vom 13.06.24
    Honigkuchen ohne Fett, „Zeitgemäße Rezepte. Das Backen in Kriegszeiten.“ Dr. Oetker, 1943
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    Das Ehepaar Buder und Kaspar Wind aus St. Johann im Pongau wurden gemeinsam am 11. Juli 1944 von der Gestapo verhaftet, weil sie Karl Rupitsch – dem zentralen Akteur der Goldegger Deserteure – geholfen hatten unterzutauchen. Theresia Buder wurde in das Frauen-KZ Ravensbrück deportiert. Sie kam unter ungeklärten Umständen, vermutlich im Februar 1945, ums Leben. Alois Buder, Kaspar Wind und Karl Rupitsch wurden am 28. Oktober 1944 im KZ Mauthausen hingerichtet. Theresia und Alois hinterließen einen fünfjährigen Sohn, Walter.
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  6. Liebe Familie Gabriel!
    Die besten Grüsse an Euch alle. Wie geht es Euch, hoffe gut so wie mir bin sehr gesund. Besten Dank für Eure guten Pakete habe beide erhalten mit großer Freude. Ich lasse auch Frau Schierl schön danken für Ihr schönes Paket alles gut angekommen. Ihr wisst ja gar nicht wie mich das freute. Warum schreibt mir meine liebe Mutter nicht, ist Sie böse. Was geht zuhause vor. Sie soll mir doch einmal schreiben was los ist ich bin auf alles gefasst. An meinen lieben Mann habe ich den grössten Verlust, den ich erleben musste. Was macht mein lieber Engel Walter, wird wohl schon groß sein, freue mich wieder einmal bei Euch zu sein. Frau Winkler ist auch Großmutter geworden, wer ist der Vater. Meine Lieben ich lasse alle Bekannten schön grüssen und danke Euch nochmals. Viele Grüsse und Bussi an meine Mutter und Walter. Bitte schreibt mir bald. Auf Wiedersehn eure dankschuldige Resi Buder

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    Abschrift der letzten Postkarte von Theresia Buder aus dem Frauen-KZ Ravensbrück bei Fürstenberg, am 6.2.1945 geschrieben und an „Familie August Gabriel, Schuhmachermeister in Markt Pongau, Land Salzburg, Ostmark“ adressiert.

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    Beilage Nr. 1 in den Pongauer Nachrichten vom 08.05.24
    Erbsenbrei, „Gut kochen! Gut wirtschaften!“, Schriftenreihe für die praktische Hausfrau, 1940

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    Das Ehepaar Buder und Kaspar Wind aus St. Johann im Pongau wurden gemeinsam am 11. Juli 1944 von der Gestapo verhaftet, weil sie Karl Rupitsch – dem zentralen Akteur der Goldegger Deserteure – geholfen hatten unterzutauchen. Theresia Buder wurde in das Frauen-KZ Ravensbrück deportiert. Sie kam unter ungeklärten Umständen, vermutlich im Februar 1945, ums Leben. Alois Buder, Kaspar Wind und Karl Rupitsch wurden am 28. Oktober 1944 im KZ Mauthausen hingerichtet. Theresia und Alois hinterließen einen fünfjährigen Sohn, Walter.

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